#19: Das Schicksal entscheidet
Pawel erwachte mit höllischen Kopfschmerzen. So etwas hatte er noch
nie erlebt. Er versuchte die Augen zu öffnen. Es klappte nicht.
Nochmal. Wieder nichts. Dann also wieder einschlafen. Ging auch
nicht. Da waren ja die Kopfschmerzen. Pawel wollte fluchen. Doch
dafür war auch keine Kraft vorhanden. Es war zum heulen!
Während er weiter verzweifelt versuchte zu schlafen, bemerkte er
etwas regelmäßig piependes rechts neben sich. Schließlich gab er
das Schlafen auf und versuchte wieder die Augen zu öffnen. Einen
Spalt breit bekam er sie auf. Über ihm war die Decke weiß. Er
richtete sich auf. Ein Schwall von Schmerz und Schwindel durchfuhr
seinen Kopf. So, wie er es noch nie erlebt hatte.
Nachdem sich das Ganze wieder gelegt hatte schaute er an sich
hinunter. Sein linkes Bein und sein rechter Arm steckten in einem
Gips. Er lag in einem Bett, was sehr nach Krankenhaus aussah. Was war
nur passiert? Er konnte sich nicht erinnern. Doch konzentrieren ging
dank der Kopfschmerzen auch nicht. Na ganz toll... Pawel wartete ein
wenig. Dann dachte er wieder nach. Die Kopfschmerzen waren besser
geworden.
Auf einmal kam alles doch zurück. Wie durch einen Schlag war die
Erinnerung wieder da... Der Tanklaster. Der Knall des Zusammenstoßes. Der Schmerz. Laras
Schreie.
Pawels Kopfschmerzen waren plötzlich wie weggeblasen. Oh Gott! Oh
Gott! Was war mit Lara??!!
Eine Woche zuvor...
Szymon saß in seinem Moskwitsch. Der alte Pole hatte einen Freund
besucht und war nun auf dem Weg nach Hause. Er würde noch eine heiße
Dusche nehmen und dann einfach ins Bett. Ja. Im Alter wird ein langer
Arbeitstag auf dem Bauernhof auch mal anstrengend. Und auch ein Abend
beim Freund wird schneller zu lang. Szymon fuhr bereits eine Halbe
Stunde, als er endlich auf die Straße kam, die ihn endlich nach
Lipinki leiten würde. Es waren nur noch 5km. Vor ihm tauchten
Lichter im Blickfeld auf. Auf der Kreuzung befand sich ein
Tanklastwagen. Eigentlich normal. Der fährt hier einmal pro Woche
immer Benzin zur Tankstelle. Doch der LKW stand. Außerdem leuchtete
untendrunter ein Flackerndes Licht hindurch.
Szymon wusste sofort, dass da gewaltig etwas nicht stimmte. Sein
altes Handy schon in der Hand hielt er weiter auf den Tanklastwagen
zu.
Nahe der Unfallstelle hielt Szymon an. Eigentlich war er ein ruhiger
Geist. Doch langsam wurde auch er unruhig. Ein Wagen war seitlich in
den LKW gekracht. Und zwar nicht mit zu wenig wums! Der Auflieger des
LKW war völlig verzogen. Garantiert war da ein Loch drin. Dazu war
der LKW auf jeden Fall voll, denn er war noch in Richtung Osten
ausgerichtet. Also in Richtung Tanke. Szymon ging langsam auf die
Unfallstelle zu. Er hatte Angst vor dieser riesigen Menge Benzin. Doch
irgendwas musste er tun.
Das Auto war total im Auflieger verklemmt. Er würde die Insassen
nicht allein befreien können! Dazu war es auf jeden Fall nur eine
Frage der Zeit, bis der gesamte Tanklaster in die Luft ging!
Notruf... Sofort... Er drückte auf seinem Handy herum. Nach drei mal
verwählen ging es endlich. Doch irgendwie tutete es nur die ganze
Zeit.
,,Komm schon... Komm schon.. Warum geht denn keiner ran?! Das ist
eine Notrufzentrale!“
Szymon wurde immer hektischer. Schließlich meldete sich eine
Frauenstimme:
,,Hallo. Notrufzentrale. Was...“
,,Ich brauche sofort Hilfe! Hier Droht ein Tanklaster zu
explodieren!“
,,Bleiben sie ganz ruhig. Wo? Wann? Was genau? Ohne genauere Infos
kann ich nicht die richtigen Hilfskrä...“
,,Ist ja schon Gut! Tanklaster! Schwerer Unfall mit Auto! Südlich
Lipinki auf der Ulica Lipinka.“
,,Nochmal bitte. Und langsamer. Ich habe sie nicht verstanden.“
,,Verdammt nochmal...“ Szymon wiederholte sich.
,,Okay. Ich werde sofort einige Einsatzkräfte losschicken. Halten
sie sich bitte von der Unfallstelle fern!“
Szymon beachtete die Warnung der Frau gar nicht erst. Er fasste all
seinen Mut zusammen und ging direkt zum LKW. Hier würde er den
Fahrer aus der Kabine rausbekommen. Die beiden Autoinsassen konnte er
nicht befreien. Nicht allein. Er kannte den Wagen. Doch woher? (Aufmerksame Leser müssten auch Szymon noch kennen)
,,Keine Zeit zum Gedanken machen Szymon... Zum LKW...“
Szymon hatte den Mann mittlerweile befreit und in sicherer Entfernung
in sein Auto verfrachtet, als die Einsatzkräfte kamen. Der
LKW-Fahrer war auch wieder ansprechbar, lit aber unter Schock und war
verwirrt. Nachdem die Einsatzkräfte ankamen ging alles ganz schnell.
Die Feuerwehr schnitt das Auto auf. Ein Teil der Leute vom
Rettungsdienst gingen zu Szymon, dann zu dem LKW-Fahrer. Der andere
Teil wartete am Auto. Eine Minute später war der Fahrer des Autos
befreit und im Krankenwagen. Seine Beifahrerin war deutlich schlimmer
eingeklemmt. Die Einsatzkräfte wurden immer hektischer. Ob sie es
wohl noch schaffen würden? Der Tanklaster war noch immer eine
riesige, tickende Zeitbombe.
Szymon wollte gerade die Sanitäter nach dem Autofahrer befragen, als
plötzlich ein Rauschen und Pfeifen hinter ihnen entstand. Der LKW.
Die Geräusche kamen aus dem Auflieger. Ein Feuerwehrmann packte Szymon an
der Schulter:
,,Halt dir die Ohren zu mein Freund. Gleich ist es so weit.“
,,Aber die Frau...“
,,Die Frau ist zwar fast befreit, doch die Zeit wird nun wirklich
knapp! Und wir wollen ja auch selbst überleben. "
Die Retter beginnen wegzurennen. Ohne Mädchen. Nur einer bleibt da
und versucht weiter sie zu befreien.
,,Marek?! Was machst du da?! Willst du dich umbringen?!“,schrie
einer seiner Kollegen hinüber. Doch Marek macht weiter.
Flammen schlagen aus dem Hänger. Das Pfeifen wird immer lauter.
Doch dann: Der Feuerwehrmann hat die Frau befreit! Er zieht sie aus dem Wagen
und beginnt zu rennen! Ob er es wohl schaffen würde? Dann knallt es. Noch bevor er den sicheren
Bereich erreichen konnte.
Eine riesige Feuersäule kommt dort hervor, wo vor einer Sekunde noch
der LKW stand. Die beiden Personen waren nicht mehr zu sehen. Nur
Rauch. Verkohlte Überreste, die weggesprengt worden waren. Die
Menschen konnte niemand mehr entdecken.
Geschockt blickten alle in das Feuer. Eine Feuerwehrfrau nahm ihren Helm ab.
Sie hatten alle fest mit einer Explosion gerechnet. Doch dass sie so
stark wird, das hatte niemand erwartet.